Rudolf Folkerts, Marienhafe

Greetjes Alkoholtest

plattdeutsche Version

Vorbemerkung:

Die nachfolgende Geschichte hat sich vor einigen Jahrzehnten so zugetragen, wie sie hier aufgeschrieben wurde. Sie ist so nicht erfunden, wie man vielleicht meinen könnte.

In einer kleinen ländlichen Gemeinde, weit ab von der Stadt, gab es eine Genossenschaftsbank, die, wie es sich gehört, einen Vorstand und einen Aufsichtsrat hatte.

Als ein Sitz im Aufsichtsrat frei geworden war, sprach der Rendant einen Kunden an:

"Gerd," - man kannte sich und sprach sich mit dem vertrauten "Du" an - "Gerd, Du hast nicht nur ein gut gefülltes Konto bei uns, sondern auch einen schönen schuldenfreien Besitz, und Du kennst zudem alle unsere Kunden sehr genau; wie wäre es, hättest Du nicht Lust, den freigewordenen Aufsichtsratsposten zu übernehmen?" "Lust hätte ich schon, aber zuerst muß ich meine Greetje fragen, was die dazu sagen wird."

Greetje hatte nichts dagegen, und so kam Gerd in den Aufsichtsrat der kleinen Bank. Was allerdings weder Gerd noch Greetje wußten, war, daß erstens die Aufsichtsratssitzungen nicht in der Bank, sondern im Nebenzimmer der Gastwirtschaft "Zum kühnen Jäger" stattfanden, und daß zweitens die dabei verzehrten Getränke zu Lasten der Bank gingen.

Wenn es aber etwas umsonst gibt, wird meistens etwas mehr zugelangt, als wenn man bezahlen muß, was menschlich durchaus verständlich ist. So war es auch nicht verwunderlich, daß Gerd von den Aufsichtsratssitzungen des öfteren mit einer - gelinde ausgedrückt - leichten Schlagseite nach Hause kam.

Das aber gefiel seiner Greetje ganz und gar nicht, und so drohte sie ihm eines Tages, daß sie ihn, käme er nochmals mit so einem starken Schwips nach Hause, nicht ins Schlafzimmer hineinlassen würde, denn mit einem betrunkenen Mann wolle sie das Bett nicht teilen.

Gerd hatte die Drohung nicht gar so ernst genommen. Von der nächsten Aufsichtsratssitzung kam er daher wieder mit einem guten Schwips nach Hause, und den wollte er - verständlicherweise - im gewohnten Bett ausschlafen. Seine Greetje aber hatte die Schlafzimmertür zugesperrt und den Schlüssel von innen stecken lassen, so daß auch mit einem Nachschlüssel nichts zu wollen war.

Gerd bettelte und bettelte, er habe ja nur ein Bier und einen Klaren getrunken, sei also so gut wie nüchtern. Aber Greetje ließ sich nur soweit erweichen, daß sie den Schlüssel abzog und Gerd aufforderte, durch das Schlüsselloch zu pusten, damit sie an seinem Atem den Grad der angeblichen Nüchternheit erkennen könne.

Als Gerd der Aufforderung nachgekommen war, ertönte von innen Greetjes Stimme: "Oh weh, oh weh, wenn ich an das, was Du da durch das Schlüsselloch geblasen hast, ein brennendes Streichholz gehalten hätte, wäre unser Haus sofort in die Luft geflogen. Nein, sieh zu, wo Du bleibst. Leg' Dich meinetwegen in der Küche auf ein paar Stuhlkissen auf den Fußboden oder im Stall auf eine Schütte Stroh, aber ins Bett zu mir kommst Du nicht."

Alles bitten und betteln half nichts, Gerd kam nicht ins Bett, sondern mußte sich für das Nachtlager auf Stuhlkissen oder auf Stroh entscheiden. Er entschied sich schließlich für Stroh, das ihm denn doch wohl mehr zusagte als die Kissen auf hartem Boden.

Als er am andern Morgen erwachte, noch ein bißchen tranig und nur halb ausgeschlafen, rieb er sich die Augen und meinte: "Das habe ich ja gar nicht gewußt, Greetje, daß Du so ein schönes rosafarbigen Nachthemd hast, mit sovielen Knöpfchen dran."

Da lag er bei der Muttersau im Stall. -

Das aber sollte ihm nicht ein zweites Mal passieren, nahm er sich fest vor. Als dann die nächste Sitzung stattfand, vertraute er sich dem Wirt an, so ganz unter Männern. Der hatte Verständnis für Gerd's Sorgen und erklärte, er habe im Keller noch einen schönen Harzer Käse, der sei schon gut durchgereift und etwas läufig. Wenn er den gegessen habe, dann könne seine Greetje gerantiert nichts mehr von Bier oder Korn riechen.

Gerd war beruhigt und sprach den Getränken in gewohnter Weise zu. Bevor er sich auf den Heimweg machte, verzehrte er den vom Wirt angebotenen Käse.

Zu Hause hatte Greetje natürlich das Schlafzimmer abgeschlossen. Gerd kam siegessicher ihrer Aufforderung nach, erst mal durch das Schlüsselloch zu pusten. Aber was war die Reaktion bei Greetje? Sie rief ihm zu: "Nicht betrügen! Umdrehen!"


Rudolf Folkerts, Marienhafe

Greetjes Alkoholtest

Een Anmarken vörweg:

De Geschicht', de glieks kummt, hett sück vör 'n paar mal tein Jahr so todragen, as se hier upschräven wurr. Se is also neet utklamüstert, as 'n am Enn' denken kunn.

In 'n lüttjen Gemeend aver Land, wiet weg van de Stadt, gaff dat 'n lüttjen Genossenschaftsbank, de, as sück dat so hören deiht, 'n Vörstand un 'n Upsichtsrat harr.

As in de Upsichtsrat een Stä free worrn weer, proot de Rendant een Kunn' an:

"Gerd," - man kenn sück un proot sück mit dat vertroote "Du" an, - "Gerd," Du hest neet bloot in good vull' Konto bi uns, nä, ook 'n good Stück Eegendoom ahn Schülden, un Du keenst butendem all uns Kunden heel genau; wo was dat, harrst Du neet Lüst, de freeworrn Posten in de Upsichtsrat to avernähmenm?" "Lüst harr ick woll, man ick mutt erst mien Gretje fragen, wat de dorto to seggen hett."

Greetje harr der nix tägen, un so kwamm Gerd in de Upsichtsrat van de lüttje Bank. Wat aberst Gerd und sien Greetje neet wussen, waß. dat tom ersten de Upsichtsratssitzungen neet in de Bank offhollen wurrn, nä, dat gebör in de Kamer tägen de Gaststuuv in dat Weertshuus "To 'n grönen Jäger", un tam tweeden, dat de Drinkeree dorbi to Lasten van de Bank gungen.

Wenn 't aberst wat umsü+nst gifft, denn woort der meesttieds 'n bietje mähr tolangt, wat ja elker Minsk ook good verstahn kann. So was dat denn ook neet to verwunnern, dat Gerd van de Upsichtsratssitzungen smals faker mal - versicht seggt - mit 'n lüttjen Schlagsiet na Huus kwamm.

Dor harr aberst Greetje heel un dall nix för aver, un so hull se hum eens Dags vör, dat se hum, wenn he wär mit so 'n starken Schwips na Huus kamen sull, neet in d' Schlapstuuv 'rinlaten würr, denn mit 'n duhnen Kerl wull se dat Bedd neet deelen.

Gerd harr dat Vörhollen aberst heelneet so ernst nahmen. Van de nächste Upsichtsratssitzung kwamm he darum wär mit 'n gooden Schwips na Huus, un de wull he, wat good zo verstahn is, in sien wennt Bedd utschlapen. Man sien Greetje harr de Schlapkamerdör offschlaten un de Schlödel van binnen stecken laten, so dat ook mit 'n Naschlödel nix to willen weer.

Gerd hett bädelt und bädelt, he harr ja man bloot een Beer un een Klaren drunken, he was so good as nöchtern. Man Greetje leet sück bloot sowiet beprooten, dat se de Schlödel offtrecken deh un an Gerd sä, he sull man dör dat Schlödellock pusten, umdat se denn an sien Ahm de Grad van sien vörgäven Nöchternheit kennen kunn.

As Gerd dat deh, wat Greetje van hum verlangt harr, kwamm van binnen Greetje hör Stimm: "Oh je, oh je, wenn ick an dat, wat Du dor dör dat Schlödellock pust't hest, 'n brannend Rietstick anhollen harr, was uns Huus futt up Stä in de Lücht flagen. Nä, seeg to, wor Du bliffst. Legg Di mientwägen in d' Köken up 'n paar Stohlküssens up d' Footdäl off in d' Stall up 'n Arm vull Stroh, man in 't Bedd bi mi kummst Du neet."

All bidden un bädeln hulp nix, Gerd kwamm neet in 't Bedd, nä, he muß sück för 't Nachlager up Stohlküssens off up Stroh entscheeden. He hull up 't Letzt mähr van Stroh, wat hum mähr toseggen deh as de Küssens up de harte Planken.

As he an de anner Mörgen uowaken deh, noch 'n bäten trüselig un bloot half utschlapen, freeg he sück de Oogen un sä van: "Dat hebb ick je heelneet wußt, Greetje, dat Du so 'n moij rosafarwig Nachthemd hest mit mit sovööl Knoopen dran."

Da lagg he bi de Mutt in d' Stall.